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Geschichten

Monalena und ich

Ich bin traurig. Monalena und ich waren mal  fast richtig  gute Freundinnen. Wir tauschten Höflichkeiten aus, waren achtsam zueinander, wir beschenkten uns und teilten Geheimnisse. Das hätte, könnte, sollte doch eine wunderbare Basis  für eine Freundschaft wie im Himmel sein, aber nein, wir trennten uns vor kurzem und nicht im Guten. Denn Monalena hatte die Gier gepackt. Sie wollte nicht mehr teilen, sie wollte herrschen. Sie wollte nicht nur ein paar kleine Geheimnisse teilen und Höflichkeit und Achtsamkeit, sie wollte zuerst DAS GEHEIMNIS  selbst sein und schließlich alles, was wir vorher teilten, für sich ganz alleine haben.

Als ich sie darauf ansprach, wollte sie vom Geteilthaben nichts mehr wissen, sie sagte mir ins Gesicht, dass ich alles wohl geträumt haben müsse und jetzt gehen sollte, sie könne mich nicht mehr sehen. Ich war verwundert und traurig, aber ging.

In den nächsten Tagen verschwanden viele Dinge aus meinem Haus, ja selbst Menschen verflüchtigten sich, die Wahrheit, die Höflichkeit und Achtsamkeit sowieso. Ich durfte nicht mehr aus dem Fenster schauen, denn Monalena spazierte über die Straße, splitterfasernackt und wenn ich es wagte, sie anzuschauen, hetzte sie die Meute von der Straße auf mich. Ich war gezwungen, mir einen Traum zu schaffen und im Garten meines Traumes die vergifteten Früchte zu essen, die mich immer so müde machten.

Als das letzte Leben dabei war, aus meinem Haus zu gehen, bekam ich einen bunten Brief von ihr. Darin stand: Liebe Gerlinde, ich möchte dir mitteilen, dass ich ein für alle mal aus deinem Leben verschwinde. Wenn nicht, dann kannst du mich fertig machen. Ich gebe hier mein Wort. Du hättest allen Grund mir nicht zu glauben, ich weiß, aber tu mir den Gefallen, schenk mir einmal noch Vertrauen. Danke.

Sofort setzte ich mich an meinen Schreibtisch, suchte mein schönstes Briefpapier heraus, sprühte es heftig mit dem teuren Parfüm ein, dass sie mir geschenkt hatte und schrieb nur ein Wort auf das Blatt: OK! Lange starrte ich auf die beiden Großbuchstaben, wie sie da so mitten auf dem vom Parfüm wellig gewordenen Papier zu mir herauf starrten.

Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen, noch ein letztes Mal...wider alle Vernunft.

Ja, wider alle Vernunft, denn in den Monaten unserer merkwürdigen Freundschaft war kaum ein wahres Wort von ihr zu mir gesagt worden. Weil ich unsere Freundschaft aber so unbedingt wollte, warum weiß ich heute schon gar nicht mehr, erfand ich für mich immer ausgefallenere Ausreden, warum das, was sie sagte nicht einfach Lügen waren. Nein, in meiner fantasievollen Verbohrtheit waren das poetische Ausdrücke des Gegenteils, oder, sie wusste es nicht besser, und überhaupt, da stand nie eine böse Absicht dahinter und in Wirklichkeit ist sie eine gute Fee, die mich prüfen will.

So brachten wir es gemeinsam fertig, ein paar Monate eine Illusion zu leben. Nun, es gibt Schlimmeres.

Ich sollte also NOCH EINMAL vertrauen, und ich dürfte, wenn sie denn wieder lügen würde,  sie FERTIG MACHEN.

Das brauche ich nicht, Monalena schafft das ganz alleine.

Und ich schaue zu...............

 

 

 

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Viel Spaß!

Was Jungen dürfen


8:45 Uhr
„Jonny komm, es ist Zeit für den Kindergarten, zieh dein Kleid aus!“
„Ich will aber nicht!“
„Huch, was ist denn los? Warum willst du denn nicht in den Kindergarten?“

Johannes zieht mit leisem Brumm-Brumm mit seinem Lieblings-Auto weiter Kreise. Seine Mutter setzt sich zu ihm auf den Boden. Sie lächelte ihn an.

„Hast du Ärger mit Marc?“
Johannes schaut hoch, lächelt sie an. „Quatsch, Mama! Marc ist mein allerbester Freund!“
„Magst du die neue Erzieherin nicht?“
„Quatsch, Mama! Die ist lieb! Die hat uns geholfen, einen ganz hohen Turm zu bauen!“
„Ja, aber warum willst du denn dann nicht in den Kindergarten?“

Johannes lacht ihr ins Gesicht. „Aber ich will doch in den Kindergarten, Mama!“
„Ja dann aber schnell! Die fangen sicher gleich mit dem Begrüßungskreis an!“ Sie steht auf, sucht den Schlüssel.

„Ich will aber mein Kleid anlassen!“

Johannes Mutter bleibt kurz stehen. Schaut ihren Sohn an, schaut zum Fenster hinaus, geht ins Wohnzimmer. Mit einer Zeitschrift kommt sie wieder.

„Schau mal, Jonny! Da ist ein Bild von einem Jungen aus Bali. Das ist ein Land ganz weit weg und sehr heiß ist es dort. Der Junge trägt gern diesen Rock, weil es dort so heiß ist. Vielleicht will jemand aus deinem Kindergarten wissen, warum du das Kleid trägst. Dann kannst du ihm ja das Bild zeigen.“
„Quatsch, Mama! Ich will das Kleid doch tragen, weil es so schön ist!“
„Ich freue mich, Jonny, dass dir das Kleid so gut gefällt. Aber hier bei uns tragen nicht so viele Jungen ein Kleid. Deshalb kann es sein, dass sie dich fragen.“

Johannes schaut seine Mutter an. „Dürfen Jungen keine Kleider tragen?“
Liebevoll blickt sie ihm ins Gesicht. „Ich finde, Jungen dürfen alles anziehen. Und Mädchen auch!“

Zögernd nimmt Johannes die Zeitschrift.


13:15 Uhr
Es ist Abhol-Zeit. Johannes wird aufgerufen und kommt aus dem Zimmer gestürmt. Ohne ein Wort des Grußes läuft er an seiner Mutter vorbei, reißt die Kindergartentür auf, stürmt hinaus. Auf dem Gehweg holt sie ihn ein.
„Bist du sauer?“
„Lass mich in Ruhe!“



14:30 Uhr
Schweigend haben sie zu Mittag gegessen. Johannes schaut seine Mutter nicht an.
„Erzählt doch, Jonny, was haben sie im Kindergarten zu deinem Kleid gesagt?“
Johannes starrt auf seinen leeren Teller. Irgendwann fallen die hochgezogenen Schultern nach unten.

„ Lisa hat gesagt, sie heiratet mich nicht!“ Mit kummervollem Blick hebt er endlich den Kopf.
„Warum will sie dich denn nicht mehr heiraten?“
„Jungen dürfen keine Kleider tragen.“
„Ja, aber warum denn nicht?“
„Weil Jungen das nicht dürfen, Mama. Du hast mich angelogen!“

Die Mutter schaut ihm fest in die Augen. „Ich habe dich nicht angelogen! Alle dürfen alles anziehen. Nur ist es von Land zu Land unterschiedlich, was die meisten anziehen und was nicht. Aber ich finde, das hat nicht Lisa zu entscheiden, was du anziehen darfst und was nicht.
Was willst du denn anziehen?“
„Ich will Hosen anziehen. Denn ich bin ein richtiger Junge!“
„Mädchen ziehen auch Hosen an. Sind sie dann auch richtige Jungen?“
„Quatsch, Mama! Mädchen sind doch Mädchen!“ Johannes lächelt schon wieder.
„Wenn Mädchen Hosen und Kleider anziehen dürfen, warum dürfen das dann Jungen nicht auch?“
„Jungen dürfen das nicht!“
„Wer sagt das?“
„Lisa!“
„Und Lisa hat immer Recht?“
„Ich will aber, dass Lisa mich heiratet!“

Mama schaut Johannes lange an. „Du darfst hier und im Kindergarten immer anziehen, was du gerade anziehen möchtest. Es wird mir immer gefallen, das verspreche ich dir. Ich finde Kleider für Jungen schön, ich finde Hosen für Jungen schön. Und ich finde Kleider und Hosen für Mädchen schön. Aber du allein sagst mir, was du schön findest.“

Johannes steht auf, holt sein Auto aus seinem Zimmer und legt es auf den Boden. Dann fängt er an, den Tisch abzuräumen. „Dann will ich jetzt Hosen anziehen. Hosen finde ich auch schön!“

 

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